Kochbuch-Regal mit dem Buch "Veggies" von Jamie Oliver

Kochbücher mit Rezepten ohne Mengenangaben: Kann das funktionieren?

Die beste Nichte machte mich kürzlich auf den Podcast „Kochbuch Check“ aufmerksam. Gregor Wagner und Patrick Linke stellen darin pro Folge zwei Kochbücher vor. Kannte ich noch nicht, interessierte mich aber. Die gerade aktuelle, elfte Folge befasste sich mit den Bänden „Veggies“ von Jamie Oliver und „Splendido“ von Mercedes Lauenstein und Juri Gottschall.

Jamie Olivers Kochbuch „Veggies“ ist wirklich praxisrelevant

Ich war wirklich gespannt, wie das Urteil zu „Veggies“ ausfallen würde. Das Buch hat in meinem Kochbuch-Regal einen prominenten Platz. Ich greife recht oft dazu, weil es einige einfache und schnelle Gemüse-Rezepte enthält. Jamies Lauch-Carbonara, das Tomaten-Risotto oder das Pilz-Stroganoff stehen durchaus regelmäßig auf meinem Speiseplan. Bei anderen Rezepten ist mir die Zutatenliste zu lang. Zudem merkt man ihnen durchaus an, dass der Autor Brite ist. Die Geschmackskombinationen sind bisweilen durchaus spektakulär.

Dass die beiden Hosts das Kochbuch nur mit „Ausreichend“ bewerten? Nun ja, ich würde bei der Bewertung sicher ins höhere Regal greifen. Denn ich empfinde „Veggies“ als wirklich praxisrelevantes Kochbuch. Es gibt nicht allzu viele solcher Werke, zu denen ich häufiger greife und die mich ganz allgemein immer wieder inspirieren. Über einige davon habe ich bereits in diesem Beitrag geschrieben. Auch damals setzte ich mich schon mit Jamies Buch auseinander.

Rezepte von Splendido: von allem nur soviel wie nötig

Unerwartet inspirierte mich der zweite Teil der Kochbuch-Check-Folge aber noch mehr als die Besprechung von „Veggies“. Im Interview stellten Mercedes Lauenstein und ihr Partner Juri Gottschall ihr Projekt „Splendido Magazin“ vor. Zunächst ist Splendido eine Internetseite zur italienischen Küche. Lauenstein, die mir bis dato als Autorin der Süddeutschen Zeitung ein Begriff war, lebt mit Gottschall zeitweilig in Italien. Beide haben die Internetseite inzwischen zu ihrem Hauptprojekt erkoren, entnahm ich dem Interview.

Splendido ist offenbar erfolgreich. Daraus entstand nun auch das Splendido-Kochbuch, das die Basis des Pocast-Gesprächs bildete. Der Beitrag „kriegte“ mich durch die Hinweise der Moderatoren darauf, dass die Rezepte im Kochbuch und auf der Seite ohne Mengenangaben auskommen. Dies ist – gerade im italienischen Kulinarik-Raum – wohl durchaus üblich. Italienische Köchinnen und Köche geben auf entsprechende Fragen die benötigten Mengen dieser und jener Zutaten wohl gern mit „quanto basta“, also „soviel wie nötig“ an.

Ich gebe zu: Über derlei hatte ich mir noch nie Gedanken gemacht. Zwar koche ich schon geraume Zeit und oft nach Rezept. Über mengenangabenlose Zubereitungsanweisungen war ich bislang aber noch nicht gestolpert. Dabei liegt dies so nahe. Auch ich halte mich durchaus oft nicht an die genauen Angaben in Rezepten. Mal fehlt mir auch eine Zutat und ich ersetze sie durch eine andere. Bei Jamie Oliver passiert dies gar nicht so selten, vor allem wegen seiner bisweilen merkwürdigen britischen Komponenten (Marmite beispielsweise braucht kein Mensch).

Risotto an Pilzen und Tomaten
Parmesan-Risotto an Pfifferlingen und Tomaten

Das Splendido-Magazin ist eine Fundgrube für Anregungen

Nach dem Podcast stöberte ich dann im Splendido-Magazin herum. Es ist wirklich empfehlenswert. Die Rezept-Sammlung ist eine wahre Fundgrube. Alle Gerichte sind von der Anlage her erst einmal einfach und bestehen jeweils aus einer überschaubaren Zutatenmenge. Vor allem aber sind es eher Reportagen über das jeweilige Gericht oder die Region, aus der das Essen stammt. Wie das Mahl zuzubereiten ist, wird erst nach einigen Absätzen im Plauderton erwähnt.

Zwei Rezepte habe ich direkt ausprobiert: die „Schnelle Pasta mit Tropea-Zwiebeln und Kapern“ und das „Risotto mit Pilzen“. Gerade das erste Gericht passte gerade perfekt zu meinen vorhandenen Vorräten. Die Zubereitung gelang gut. Lecker waren die Mahlzeiten auch.

Und wie kam ich mit den fehlenden Mengenangaben klar? Gut, denn ich beobachtete an mir einen interessanten Effekt. Vor meinem geistigen Auge entstand schnell ein Bild, wie das Geschilderte in der eigenen Küche aussehen könnte. Und mehr noch als bei anderen, konkreteren Rezepten wurde mir schnell klar, dass ich dieses und jenes vielleicht anders machen wollte.

Tatsächlich scheint die eher allgemeinere Beschreibung eines Gerichtes mehr Kreativität beim Lesenden freizusetzen als eine konkrete Handlungsanleitung. Viel leichter entstehen Ideen, welche Zutat sich möglicherweise noch gut in das Rezept einfügen könnte, oder ob an der ein oder anderen Stelle die Zubereitungsmethode zu ändern wäre. Etwas Kocherfahrung ist dafür natürlich nötig.

Werden die Zutaten ins oder an das Risotto gegeben?

Bei Splendido lernte ich übrigens den Unterschied zwischen Risotto „con“ und „ai“ irgendeine Zutat. Nicht jede Komponente muss nämlich unter den Reis und mit ihm gegart werden. Stattdessen bietet es sich gerade bei den Pilzen an, diese separat zu braten und dann separat aufs Risotto zu drapieren oder eine Mulde in den Reis zu drücken und die Pilze dort hineinzugeben. Nach den Erfahrungen mit beiden Arten von Zutatenbehandlung versichere ich: Es macht beim Essen durchaus einen Unterschied. Ich bevorzuge die getrennte Pilz-Bearbeitung.

Alles Weitere an diesem Rezept änderte ich ab. Ich fügte dem Risotto-Ansatz noch etwas Fenchel hinzu, weil ich noch welchen im Kühlschrank hatte. Zu den Pilzen gab ich nach dem Braten noch halbierte, könstliche Cherry-Tomaten aus dem elterlichen Garten in die heiße Pfanne. Beim der Pilze-Braten vertraue ich übrigens mittlerweile auf eine Methode, die ich aus Jamie-Olivers „Veggies“ habe. Der erhitzt eine beschichtete Pfanne und gibt die Pilze dann ohne Fett hinein. Erst wenn sie etwas Farbe gezogen haben, fügt er Olivenöl hinzu und salzt ganz zum Schluss.

Mein Pilz-Risotto bereitete ich mit Pfifferlingen zu. Dafür ist gerade Saison, und ich mag sie gern. Als ich diesen Beitrag schrieb, entdeckte ich beim Surfen auf Splendido dann, dass ich auch direkt das Rezept „Risotto mit Pfifferlingen“ hätte ausprobieren können. Auch dort findet sich übrigens eine Würz-Anregung, die ich bislang nicht kannte. Estragon und Pilze vertragen sich ganz hervorragend, weshalb ich die Pfifferlinge abschließend mit etwas Estragon bestreute.

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